Dezember 21

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3 Mythen zur Fussnotentypografie – Schlusspunkt, Position des Fussnotenzeichens, Grossschreibung

By Martina Plüss

Dezember 21, 2024

Fussnoten, Typografie

Wir alle folgen gerne Regeln. Blöd nur, gibt es (fast) überall Ausnahmen.

Das Wörterbuch der Juristerei strotzt denn auch von Begriffen, die ein Hintertürchen für Ausnahmen  offen lassen: in der Regel, grundsätzlich, regelmässig, im Allgemeinen – und der Klassiker der Juristenantwort: «Es kommt darauf an!»

Caveats – sprich Vorbehalte – sind unser täglich' Brot. Nur kein «immer», sondern besser eine Formulierung, die nicht zu viel verspricht.

Fussnoten sind so eine Sache, bei der sich jedoch auch Juristinnen und Juristen gerne mal auf Regeln und Grundsätze versteifen und diese ausnahmslos durchgesetzt wissen wollen. Es gleicht schon fast einem Glaubenskrieg.

Dabei gibt es auch hier Regeln, die ihre ganz eigenen Ausnahmen mit sich bringen. Die sich aus grammatikalischen und typografischen Regeln ergeben. Und nichts mit Ästhetik zu tun haben, weil es mir so besser gefällt.

Drei dieser Regeln  sind das Thema dieses Blogbeitrags, ich nenne sie heute die «Mythen der Fussnotentypografie». Lass sie uns genauer anschauen – und ich glaube, jede und jeder, die oder der Jura studiert hat, kennt diese Sätze, vielleicht auch in abgewandelter Form:

  1. Jede Fussnote endet mit einem Punkt.
  2. Jede Fussnote beginnt grossgeschrieben.
  3. Das Fussnotenzeichen gehört nach (oder je nach Glaubensrichtung: hinter) den Punkt am Ende eines Satzes.

«Jede Fussnote endet mit einem Punkt»

Der Schlusspunkt einer Fussnote. Er gehört da hin – lernt man bereits im ersten Semester. Ohne Wenn und Aber.

Und der Schlusspunkt hat emsige Glaubenskrieger: Blind wird hinter jede Fussnote ein Punkt gesetzt. Werden Arbeiten von Mitstudentinnen und -studenten korrigiert, werden Punkte gestreut, wenn keine da sind, manchmal werden gar Punkte bei der Benotung abgezogen, wenn der Punkt bei einer Fussnote fehlt.

Das führt dann zu interessanten Geschichten (mit nicht ganz ernst gemeinten Begründungen, man verzeihe mir meinen Sarkasmus) wie:

  • [...] so auch die h.L.. [Begründung: doppelter Punkt, schliesslich gehört der erste ja zur vorangehenden Abkürzung.]
  • Die Frage lautet also: Wer will was von wem woraus?. [Begründung: Das Fragezeichen ist halt kein Punkt.]
  • Art. 3 Abs. 2 ZGB hält denn auch fest: «Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.». [Begründung: Jede Fussnote hat mit einem Punkt zu enden. Punkt.]

Du merkst schon, worauf ich hinaus will? Ja, jede Fussnote hat mit einem Satzschlusszeichen zu enden. Aber der Punkt ist nicht das einzige Zeichen dieser Art:

  • Auch Ausrufezeichen und Fragezeichen gehören dazu. Sie reichen als «Punkt» am Ende der Fussnote, es braucht keinen zweiten.
  • Den Grammatikregeln zufolge konsumiert zudem der Abkürzungspunkt den Schlusspunkt (oder umgekehrt), wenn er unmittelbar mit einem solchen zusammentrifft. (Hier wirds dann schon technisch, je nachdem, wie ein Satz sonst aufgebaut ist, beide Varianten sind korrekt, Missetäter ist der Doppelpunkt: Er unterschrieb mit: «i.V.» / Er unterschrieb mit «i.V.».)
  • Der umgangssprachliche Ausdruck «Anführungs- und Schlusszeichen» sagt es bereits: Wenn auch in einem ausserhalb der Fussnote stehenden Satz kein zusätzlicher Punkt zum Abschluss des Satzes notwendig wäre, gilt das schliessende Anführungszeichen als Satzende, das einem Punkt gleichkommt.
In Sachen schliessendes Anführungszeichen gibt es jedoch einige Feinheiten der deutschen Sprache und der Zeichensetzung zu berücksichtigen, auf die ich an dieser Stelle nicht weiter eingehe – wenn du eine Arbeit schreibst, mein Tipp: Achte darauf, dass du die Fussnote anders formulierst, sodass kein Schlusszeichen am Ende der Fussnote zu stehen kommt. Weil wie gesagt: Es ähnelt einem Glaubenskrieg und manche Kämpfe braucht man nicht auszufechten. Auch im Hinblick auf eine angemessene Benotung.

Und an alle Dudengläubigen: Gemäss Duden kann der Schlusspunkt sogar entfallen, «insbesondere wenn eine Fussnote nur einzelne Wörter enthält». Aber der Duden empfiehlt, den Schlusspunkt (bzw. das satzschliessende Zeichen) dann trotzdem zu setzen, weil Fussnoten «häufig als verkürzte Sätze empfunden werden».

«Jede Fussnote beginnt grossgeschrieben»

Grundsätzlich ja. Eben weil die Fussnote entweder als verkürzter Satz oder als neue frei stehende Zeile verstanden wird (auf die die Regeln für den Satzanfang angewendet werden). 

Heisst auch hier: Orientiere dich an den grammatikalischen Regeln für den Satzanfang. Ist dort eine Kleinschreibung (ausnahmsweise) zulässig, darf auch die Fussnote kleingeschrieben beginnen. Das ist aber ganz, ganz selten.  

Zum Beispiel:

  • 's findet sich ein Apostroph am Anfang des Satzes. Dann gilt dieses als Satzanfang.
  • ... dasselbe gilt für Auslassungspunkte.
  • Und manchmal bleiben auch in Anführungszeichen geschriebene oder (fett/kursiv) ausgezeichnete Wörter unverändert (was zumindest gemäss Duden zulässig ist).
  • Das abgekürzte Adelsprädikat «v.» (im Sinne von «von») bleibt kleingeschrieben, weil's mit einem abgekürzten Vornamen verwechselt werden könnte. Drum: Besser ausschreiben, dann wird es nämlich am Satzanfang grossgeschrieben – und sorgt nicht für Verwirrung.
Der langen Rede kurzer Sinn: Behandle Fussnoten wie Sätze und du liegst instinktiv (meistens) richtig mit der Zeichensetzung.

«Das Fussnotenzeichen gehört nach [oder: vor] den Punkt am Ende eines Satzes»

Die Schlacht um die Stellung des Fussnotenzeichens im Fliesstext wird gar noch verbitterter geführt.

Auf der einen Seite die, die konsequent und immer das Fussnotenzeichen hinter das Satzzeichen gesetzt sehen wollen. 

Auf der anderen Seite jene, die aus Prinzip das Fussnotenzeichen vor das Satzzeichen stellen.

Und beide Seiten vertreten ihren Standpunkt mit Vehemenz: Ich wurde schon mehrere Male entrüstet gefragt, was mir denn einfiele, ich hätte bei FN X und Y das Fussnotenzeichen versetzt anlässlich des Lektorats. Und ja, ich bin sehr vorsichtig mit dem Verschieben eines Fussnotenzeichens – aber manchmal ist's einfach schlichtweg falsch dort, wo es positioniert ist.

Die Regel, wo das Fussnotenzeichen zu positionieren ist, ist eigentlich ganz einfach, nur ist sie halt nicht schwarz (vor dem Satzzeichen) oder weiss (nach dem Satzzeichen), sondern lautet ganz in Juristenmanier «Es kommt darauf an ...».

Und zwar darauf, worauf sich die Fussnote bezieht:

Bezieht sie sich auf einen einzelnen Ausdruck, ein Wort, so folgt das Fussnotenzeichen unmittelbar diesem, bezieht sie sich auf einen Teilsatz, einen ganzen Satz, einen Abschnitt, so kommt das Fussnotenzeichen nach dem jeweiligen das Ende dieses Satzes/Teilsatzes/Abschnitts markierenden Satzzeichen.

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Ach, und falls du zweifelst: Ja, ich weiss, der Text ist etwas salopp geschrieben und nicht mit Quellen belegt. Aber keine Angst, ich posaune nicht bloss etwas raus, ich hätte dir für jede Aussage eine bzw. mehrere Belegstellen (während des Schreibens liegt zum Beispiel auch Walter Heuers «Richtiges Deutsch» neben mir auf dem Pult). Es ist also keine reine Glaubensfrage, das kannst du mir glauben.

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